Abänderung des TVTG im Rahmen des Insolvenzrechts / Amendment of the TVTG in the context of the Insolvency Law

REVISION DES INSOLVENZRECHTS / REVISION OF THE INSOLVENCY LAW

[English below]

Das Insolvenzrecht eines Staates spiegelt oft wider, welche Interessen im Vordergrund stehen und welche gesellschaftspolitischen Überlegungen unterstützt werden. Das Insolvenzrecht hat sich auch international weiterentwickelt, wobei die Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) in der Harmonisierung und Zielsetzung eine zentrale Rolle spielt. Unter den verfolgten Zielen fällt auch die Sanierung. In Europa wurde das österreichische Modell, welches die Erleichterung der Sanierungsmöglichkeit für Unternehmen beinhaltet, durch die EU-Expertengruppe „Umstrukturierung, Konkurs und Neubeginn“ als „best practice“ bezeichnet.

In diesem Sinne hat sich Liechtenstein bei der Ausarbeitung an der österreichischen Gesetzeslage orientiert, welche bereits in den Jahren 2010 und 2017 tiefgreifend reformiert wurde. Dabei sollte auch der alle Verfahrensarten umfassende Begriff „Insolvenzverfahren“ in Einklang mit der EU-InsVO und dem UNCITRAL Legislative Guide on Insolvency Law etabliert werden.

Die Totalrevision des Insolvenzrechts beinhaltet folgende Schwerpunkte:

          • Neue Terminologie
          • Vereinheitlichung der bestehenden Gesetze
          • Schaffung eines praxistauglichen Sanierungsverfahrens
          • Anpassung der Quoten
          • Stärkung der Gläubigerrechte
          • Abschaffung der Konkursklassen

Was hat sich geändert?

Das neue Insolvenzrecht stellt anstatt der Zerschlagung und Verwertung von Unternehmen den Sanierungsgedanken in den Vordergrund.

Die Sanierungsinstrumentarien (Nachlassvertrag, Nachlassvertragsverfahren) der vorherigen Gesetzesfassung beinhalteten hohe gesetzliche Hürden und negative Assoziationen, weshalb diese kaum praktische Bedeutung hatten und nun ersetzt wurden. Anstatt einer Unterteilung in Konkurs- und Nachlassvertragsverfahren wurde nun ein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen, welches in Konkurs- und Sanierungsverfahren gegliedert wurde. Grundsätzlich kennt das neue Insolvenzverfahren 3 Ausprägungen: Das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung, das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung sowie das Konkursverfahren.

Die Möglichkeit des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung, welches die Vorbereitung eines Sanierungsplans vor Eröffnung des Verfahrens vorsieht, stellt einen Anreiz für Schuldner dar, rechtzeitig das Insolvenzverfahren anzustreben. Dies verfolgt auch den Zweck, eines der Ziele der Revision zu erreichen, nämlich das Stigma des Insolvenzverfahrens abzubauen.

Der Sanierungsplan kann nicht nur bei der Eröffnung, sondern auch bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens eingebracht werden. Wird bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Sanierungsplan eingebracht, ist das Verfahren (vorerst) als Konkursverfahren zu führen. Durch die Möglichkeit, einen Sanierungsplan in jedem Stadium des Verfahrens einzubringen, wird selbst das Konkursverfahren zu einem im Ausgang offenen Verfahren konzipiert.

Des Weiteren betrug die den Gläubigern anzubietende Mindestquote zuvor 40%, welche nur sehr schwer zu erreichen war. Der Sanierungsplan muss nunmehr lediglich eine Quote von 20% (30% bei Eigenverwaltung) aufweisen. Aufgrund von Vergleichswerten aus Österreich ist davon auszugehen, dass mit einer Quote von 20% jedes dritte Verfahren mit einem Sanierungsplan enden wird.

In Hinblick auf die Stossrichtung des neuen Insolvenzrecht, nämlich der Stärkung des Sanierungsverfahrens und der Gläubigerrechte, hat man sich dazu entschlossen auf die Konkursklassen gänzlich zu verzichten.

Was bedeutet die Totalrevision für das TVTG?

Die terminologische Änderung des Insolvenzrechts erforderte die Anpassung des TVTGs (sowie von anderen Gesetzen, die mit dem Insolvenzverfahren in Beziehung stehen). Konkret kam es in den Artikeln 14, 20, 25 und 40 des TVTGs zu Abänderungen im Rahmen des Insolvenzrechts. Diese Artikel bezogen sich auf die vorig geltende Unterteilung in Konkurs- und Nachlassvertragsverfahren. Als Beispiel nahm Art. 25 (1) TVTG zuvor Bezug auf das „Nachlassvertragsverfahren“. Dieser Artikel bezieht sich im Rahmen des Insolvenzrechts nunmehr auf das „Insolvenzverfahren“. Es gab somit keine nennenswerten Auswirkungen, da sich die Abänderung auf die neue Terminologie und Vorgehensweise bezieht, weshalb von einer  indirekten Auswirkung auszugehen ist. Es ist allerdings darauf zu achten, dass sich das Insolvenzverfahren selbstgeändert hat, und dies auch in einer Gesamtbetrachtung Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb haben könnte.

Das Insolvenzrecht unterstützt und ermutigt Unternehmer, da wirtschaftliche Probleme nunmehr nicht sofort das „Aus“ bedeuten müssen. Generell ist es mit der Strategie vereinbar, welche die Regierung verfolgt hat, dies auch im Hinblick auf die Einführung des TVTGs. Durch das TVTG wurde ein innovationsfreundlicher, rechtlicher Rahmen geschaffen, welcher u.a. die Entstehung und Entwicklung von Geschäftsmodellen aus dem FinTech-Bereich fördert, welche auf vertrauenswürdigen Technologien basieren.

Somit befinden sich Unternehmer im FinTech-Bereich in einem attraktiven Umfeld, da einerseits das TVTG die nötige Rechtssicherheit geschaffen hat, und andererseits durch das Insolvenzrecht bei einer Krisensituation verschiedene Sanierungsmöglichkeiten geboten werden.

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Amendment of the TVTG in the context of the Insolvency Law

REVISION OF LIECHTENSTEIN INSOLVENCY LAW

A state’s insolvency law often reflects which interests and stakes are prioritized and what social policy considerations take precedence. Insolvency law has also developed internationally, whereby the United Nations Commission on International Trade (UNCITRAL) plays a central role in its harmonisation and in defining the objectives to be reached. Insolvency laws have been adapted over time in order to take into account and strike a balance between different goals, one of these being a focus on reorganization. In Europe, the Austrian model, which includes the facilitation of restructuring procedures, was seen as a “best practice” by the EU expert group on “Restructuring, Bankruptcy, and a Fresh Start”.

In this vein, in its amendment of the insolvency law, Liechtenstein has sought to align itself with the Austrian insolvency law, which was reformed in 2010 and again in 2017. The term “insolvency proceedings” (Insolvenzverfahren), which encompasses different types of proceedings, was also to be established in accordance with the EU Insolvency Regulation and the UNCITRAL Legislative Guide on Insolvency Law.

The amendment of the insolvency law brings with it:

            • New terminology
            • Unification of existing laws
            • Creation of a restructuring proceeding, which also works in practice
            • Adjustment of quotas
            • Strengthening of creditors‘ rights
            • Abolition of bankruptcy classes

What has changed?

Instead of the breaking up and liquidation of companies, the new insolvency law focuses on bringing the idea of restructuring to the forefront.

The restructuring instruments (composition agreement (Nachlassvertrag), composition agreement proceedings) included in the previous legal text contained great legal hurdles and had a negative connotation, which is why they had little practical significance and have now been replaced. Instead of a division into bankruptcy and composition agreement proceedings (Konkurs- und Nachlassvertragsverfahren), a uniform insolvency procedure has been created, which has been divided into bankruptcy and restructuring proceedings (Konkurs- und Sanierungsverfahren). The new insolvency proceedings now take on three different forms: restructuring proceedings with self-administration (Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung), restructuring proceedings without self-administration (Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung), and bankruptcy proceedings (Konkursverfahren).

The possibility of a restructuring proceeding with self-administration, which includes the preparation of a restructuring plan before the commencement of the proceeding, represents an incentive for debtors to commence insolvency proceedings as soon as possible. This also serves in reaching one of the goals of the amendment, namely the reduction of the stigma associated with insolvency proceedings.

The restructuring plan may be submitted not only at the commencement of the proceeding, but also up until termination of insolvency proceedings. If no restructuring plan is submitted when the insolvency proceedings are commenced, the proceeding is (preliminarily) conducted as a bankruptcy proceeding. However, the outcome of the bankruptcy proceeding is conceptualized as remaining relatively open, as there is still the possibility of submitting a restructuring plan at any stage of the proceedings.

Furthermore, the minimum quote to be offered to creditors was previously set to 40%, which was quite difficult to achieve. The restructuring plan now only requires a quota of 20% (30% in case of self-administration). Based on comparative figures from Austria, it can be assumed that with a quote of 20%, one in three proceedings will end with a restructuring plan.

Due to the focus of the insolvency law on strengthening the restructuring procedure and the rights of creditors, it was also decided to abolish the bankruptcy classes altogether.

What does this mean in terms of the TVTG?

The terminological changes that took place in the insolvency law required the amendment of the TVTG (as well as the other laws which make reference to the insolvency proceedings). There was an amendment in Articles 14, 20, 25, and 40 TVTG in the context of the insolvency law. These articles referred to the former division into bankruptcy and composition agreement proceedings. As an example, Article 25 (1) TVTG previously referred to “composition agreement proceedings”. In the context of the amended insolvency law, this article now refers to “insolvency proceedings” instead. Thus, there were no significant changes, as the amendment refers to the new terminology and procedures within the insolvency law. Rather, this has had an indirect impact. For, one must now take into account that the insolvency proceeding itself, within the framework of insolvency law, has changed, and the ramifications this could have on the business process as a whole.

The insolvency law supports and encourages companies and entrepreneurs, as economic problems now do not immediately mean “the end” for a company. Generally, this is consistent with the strategy that the government has followed, also with regards to the introduction of the TVTG. The TVTG created an innovation-friendly legal framework, which, amongst other outcomes, promotes the emergence and development of business models from the fintech space, based on trustworthy technologies.

Therewith, companies in the fintech sector find themselves in an attractive environment, as the TVTG provides the necessary legal certainty, while the insolvency law provides various restructuring options in the event of a crisis situation.

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